Juni 2025
Buchempfehlung:
Generation Z von M. Engelhardt, N. Engelhardt und A. Trieschmann
Eine Standardlektüre für alle, die beruflich und privat mit den jungen Leuten von heute zu tun haben
Man nimmt das Buch zur Hand, sieht sich selbst und erkennt die anderen in seinem Umfeld wieder. Und das schon, wenn man das Cover betrachtet: Das Buch schillert, je nach Lichteinfall in allen Farben und blickt man direkt darauf, sieht man sich selbst verschwommen. Genau das spiegelt auch den Inhalt des Werks wider, denn auf 208 Seiten im handlichen Taschenbuch-Format gelingt es dem Autorinnen-Trio ein umfassendes, vielseitiges und buntes Bild der sogenannten Generation Z, den Angehörigen der Jahrgänge nach 2000, zu zeichnen. Natürlich werden auch die anderen Generationen, die Babyboomer (Geburtsjahrgänge ca. 1945-65), Generation X (Geburtsjahrgänge ca. 1965-85) und Generation Y (Geburtsjahrgänge ca. 1985-2000) in den Blick genommen und in der ein oder anderen Passage findet man möglicherweise sich selbst, seine Verhaltensweisen und Denke, seine emotionalen Reaktionen und Interaktionsmuster wieder, manchmal aber eben auch nur verschwommen oder ungefähr wie das Abbild seiner selbst auf dem Cover, denn das Bild der aktuellen VUCA-Welt (1), das die Autorinnen zeichnen ist geprägt von stetem Wandel, Fluidität und Flüchtigkeit.
Gen Z wächst in einer Zeit heran, in der
- Kinder im Zentrum stehen: Das Verhältnis zu Erwachsenen ist nicht (mehr) geprägt durch hierarchische Verhältnisse, sondern durch vertrauensvolle Beziehungen auf Augenhöhe. Kinder und Jugendliche erwarten dementsprechend “[…] als Mensch wahr- und ernstgenommen [zu werden] und nicht als Lern- oder Arbeitsmaschine.” (29)
- Digitalität allgegenwärtig und selbstverständlicher Teil des Alltags ist: Gen Z konsumiert oftmals passiv, führt einer Art “Kinosessel-Existenz” (36), FOMO (fear of missing out) und eingeschränkte oder fehlende tiefergehende Kommunikation bestimmen ihr Leben.
- Überangebote Überforderung hervorrufen: Schnelllebigkeit, Fluidität und Unnahbarkeit bestimmen nicht nur das private Leben, sondern auch das berufliche. Zahlreiche Optionen tun sich (gar sekündlich) auf, es fällt schwer, den Überblick zu behalten und sich auf bestimmte Dinge festzulegen.
- Das Sicherheitsbedürfnis zunimmt: Kinder und Jugendliche brauchen in diesen Zeiten verlässliche Anker, Bezugspersonen, Konstanten, Leitplanken, denn “Eine solche Anzahl an Krisen hat keine andere Generation miterlebt.” (51)
Engelhardt et al. nehmen die Leserschaft mit auf Streifzüge durch den Schul- bzw. Berufsalltag, aber auch durch private Alltagssituationen, die Eigenheiten und Ansprüche der Generation Z und entstehende Konfliktfelder beleuchten. Letztere umfassen Erwartungen an Feedback (64ff.), Umgang mit Fehlern (67ff.), Verständnis von Leistung (69ff.), Eigenverantwortung (74ff.), Stellenwert der eigenen Gesundheit (79ff.) sowie Bedeutung von Regeln (84ff.). Ausgehend von den einzelnen Situationen illustrieren sie anschaulich und praxisnah, wie Beziehungsarbeit gedacht und ausgeführt werden kann, wenn der Dialog zwischen den Generationen gelingen soll. Das Credo “Beziehung ist Trumpf” findet sich an vielen Stellen des Buches und immer wieder wird darauf verwiesen, dass “Der einzige Mensch, auf den ich Einfluss habe und an dessen Verhalten ich etwas ändern kann, [...] ich selbst [bin]” (130). Dementsprechend gilt: “Lassen Sie die Illusion fahren, Sie könnten Ihr Gegenüber verändern, kontrollieren oder bessern.” (Ebd.) Hilfe zur Selbsthilfe bieten die zahlreichen Reflexionsfragen und Überlegungen ebenso wie der Methodenkoffer, den die Autorinnen im letzten Kapitel verankern.
Engelhardt et al. spicken die überschaubaren Kapitel (die man übrigens auch wunderbar quer lesen kann - je nach Interessenslage und Zeitkapazitäten) mit wissenschaftlichen Studien und Fachliteratur - aber auch nur da, wo es nötig, anschaulich, sinnvoll erscheint, und das, ohne sich zu sehr in Fachsprache und irrelevanten Details zu verlieren. Farbige Boxen definieren wichtige Begrifflichkeiten oder geben zusätzliche Informationen. Eingerückte Zitate lassen verschiedene Perspektiven deutlich und lebendig werden, die Stimmen der ‘Betroffenen’ wirken eindrücklich nach.
“hep - kompetent bilden” schreibt sich der schweizerische Verlag auf die Flagge. Das gelingt in vielerlei Hinsicht: Das Werk informiert, ohne zu belehren. Es lädt zum Nachdenken ein, ohne Positionen vorwegzunehmen. Und es unterstützt alle Leser:innen bei der Umsetzung und Gestaltung von Beziehungsarbeit, und zwar mit anschaulichen Beispielen, konkreten praxiserprobten Tipps und verständlichen Texten.
Ein in vielerlei Hinsicht spannendes Sachbuch (was auf dem heutigen Markt ja auch nicht unbedingt leicht zu finden ist), deswegen: Klare Kaufempfehlung!
Hinweis: sprachdidaktik-sobel wurde ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
(1) Die VUCA-Welt beschreibt eine zunehmend komplexe und unsichere Umwelt, geprägt von Volatilität, Unsicherheit(Uncertainty), Komplexität und Mehrdeutigkeit (Ambiguity). Sie stellt Organisationen und Individuen vor die Herausforderung, sich flexibel, schnell und innovativ an ständig wechselnde Rahmenbedingungen anzupassen.